Rücklagenbildung im gemeinnützigen Verein

Glückwunsch!

Wenn du dich zum Lesen dieses Blog-Artikels entschieden hast, dann hat deine Eltern-Kind-Initiative vermutlich einen gewissen finanziellen Spielraum.

Gleichzeitig hast du aber vielleicht irgendwo schon einmal gehört, dass ein gemeinnütziger Verein kein großes Vermögen anhäufen darf.

In diesem Artikel klären wir dich über diese Problematik auf. Außerdem erläutern wir dir, unter welchen Voraussetzungen dein Verein einen Teil seiner Mittel dennoch über einen längeren Zeitraum ansparen kann.

 

Was bedeutet das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung?

Die Abgabenordnung (AO) sieht vor, dass gemeinnützige Vereine mit jährlichen Einnahmen von mehr als EUR 45.000 die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und Sachwerte zeitnah für ihre satzungsmäßigen Zwecke einsetzen müssen.

„Zeitnah“ bedeutet, dass alle Einnahmen innerhalb von zwei Jahren auch wieder ausgegeben werden müssen; und zwar nur für die Vereinszwecke, die in der Satzung festgelegt sind, und die die Gemeinnützigkeit des Vereins begründen.

Stichtag für die Berechnung der Zwei-Jahres-Frist ist der letzte Tag des Jahres, in dem die Mittel dem Verein zugeflossen sind (also der 31.12., sofern Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr). Alle Mittel, die dem Verein im Laufe des Jahres 2022 zufließen, müssen also bis zum 31.12.2024 ausgegeben worden sein.

 

Für welche Einnahmen gilt das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung?

Die Herkunft der Mittel spielt für das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung keine Rolle: der Verein muss alle eingenommenen Beiträge, Spenden und Zinsen sowie etwaige Betriebsgewinne und Gewinne aus Veranstaltungen für seine Zweckaufgaben unmittelbar wieder verwenden.

Exkurs-Icon

Exkurs: Zuwendungen, die nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen

Es gibt Zuwendungen zum Vermögen des Vereins, die nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen.

Dazu gehören z.B. Erbschaften und Schenkungen, sofern der Erblasser oder Schenker nicht vorgegeben hat, dass diese Mittel für die laufenden Kosten zu verwenden sind.

Auch Zuwendungen an den Verein, die ausdrücklich zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind, sind von dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung ausgenommen.

Aber Vorsicht: für Münchener Eltern-Kind-Initiativen gilt, dass diese Spenden/Zuwendungen kaum entgegengenommen werden können, ohne dass damit eine Kürzung der Fördermittel einhergeht.

Was passiert, wenn die Mittelverwendungsfrist überschritten wird?

Sollte dein Verein die Mittelverwendungsfrist einmal überschreiten, ist nicht sofort mit einem Entzug der Gemeinnützigkeit zu rechnen.

In der Regel wird das Finanzamt zunächst eine angemessene Nachfrist für die Verwendung der Mittel setzen. Diese Nachfrist kann zwei bis drei Jahre betragen. Erst bei wiederholten Verstößen gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit (mit erheblichen steuerlichen Folgen).

Wie können Mittel des Vereins dennoch vorübergehend oder auf Dauer zurückgehalten werden?

Indem dein Verein Rücklagen bildet!

Hierbei sind jedoch bestimmte Voraussetzungen zu beachten, die von der Art der Rücklage abhängen.

Welche Arten von Rücklagen gibt es? Oder anders gefragt: wofür können Rücklagen gebildet werden?

A) DIE ZWECKGEBUNDENE RÜCKLAGE ODER PROJEKTRÜCKLAGE (§ 62 ABS. 1 NR. 1 AO)

Der zweckgebundenen Rücklage können Mittel zugeführt werden, die der Realisierung eines größeren Projekts dienen sollen (z. B. ein geplanter Umbau, eine Renovierung, ein Umzug, eine große Anschaffung etc.).

Inhaltlich gibt es hier keine Beschränkungen, solange das Projekt der Erfüllung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins dient.

Es müssen bereits konkrete Zeitvorstellungen für die Durchführung des Projekts bestehen. Für den Zeitraum, den diese Durchführung umfassen darf, gibt es keine allgemein gültigen Obergrenzen.

Es muss eine realistische Finanzplanung zu Grunde liegen.

Die Höhe der zweckgebundenen Rücklage bzw. die Höhe der jährlichen Zuführung bemisst sich allein nach den Kosten des geplanten Projekts und dem vorgesehenen Zeitraum für dessen Realisierung.

 

B) DIE BETRIEBSMITTELRÜCKLAGE (§ 62 ABS. 1 NR. 1 AO)

Ein Unterfall der zweckgebundenen Rücklage ist die sogenannte Betriebsmittelrücklage. Diese dient der Absicherung periodisch wiederkehrender Ausgaben (Gehälter, Miete).

Die Bildung der Betriebsmittelrücklage ist nur in Vereinen mit unsicherer Finanzierung bzw. Schwankungen der Einnahmen und nur „für eine angemessene Zeitperiode“ zulässig. Diese liegt zwischen einem Monat und einem Jahr und hängt von der Finanzstruktur des Vereins ab.

Eine Eltern-Kind-Initiative, die monatlich Vereinsbeiträge erhebt und sich in der Vergangenheit auf eine pünktliche Zahlung der öffentlichen Fördermittel verlassen konnte, kann unserer Meinung nach die Kosten für maximal drei Monate in eine Betriebsmittelrücklage einstellen.

Ist die Finanzierung einer Einrichtung auf Dauer ungesichert, kann der Verein auf praktisch unbegrenzte Zeit eine Betriebsmittelrücklage führen. Die Rücklage muss dann jeweils zum Jahresende aufgelöst und zu Beginn des neuen Jahres wieder gebildet werden.

 

C) DIE WIEDERBESCHAFFUNGSRÜCKLAGE (§ 62 ABS. 1 NR. 2 AO)

Die Wiederbeschaffungsrücklage ist grundsätzlich für alle Wirtschaftsgüter zulässig, die der Verein für die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwendet und die nicht aus den laufenden Einnahmen finanziert werden können. Die Ersatzbeschaffung muss tatsächlich geplant sein.

Die Höhe der jährlichen Zuführung in die Rücklage bemisst sich nach der Höhe der regulären Absetzungen für Abnutzung. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gibt also den Zeitrahmen für die Rücklagenbildung. Erweist sich das zu ersetzende Wirtschaftsgut als länger nutzbar als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, muss die Rücklage nicht aufgelöst werden. Sie kann bestehen bleiben, bis die Neuanschaffung tatsächlich erfolgt.

Im Verhältnis zur zweckgebundenen Rücklage bietet sich die Wiederbeschaffungsrücklage an, wenn der Anschaffungszeitpunkt noch unklar ist. Andernfalls ist die zweckgebundene Rücklage zu bevorzugen, da bei dieser die Höhe der Zuführung pro Jahr unbegrenzt ist.

 

D) DIE FREIE RÜCKLAGE (§ 62 ABS. 1 NR. 3 AO)

Wie der Name dieser Rücklage schon sagt, ist für ihre Bildung kein bestimmter Grund erforderlich.

Sie kann auf unbegrenzte Zeit gebildet und jederzeit aufgelöst werden.

Auch in der Höhe ist die freie Rücklage nicht begrenzt. Allerdings gibt es für die jährliche Zuführung Obergrenzen.

Folgende Beträge dürfen pro Jahr maximal in die freie Rücklage eingestellt werden:

  • Ideeller Bereich: 10% der Einnahmen (z.B. Mitgliedsbeiträge und Spenden)
  • Zweckbetrieb: 10% der Überschüsse/Gewinne
  • Vermögensverwaltung: 1/3 der Überschüsse/Gewinne (z.B. Zinsen aus Bank- und Sparguthaben)
  • steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: 10% der Überschüsse/Gewinne - ein solcher ist aber bei Eltern-Kind-Initiativen in der Regel nicht vorhanden.

Wir empfehlen, eine freie Rücklage nur zu bilden, wenn auch das Gesamtergebnis des Vereins einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben ausweist. Zwar gibt es hierfür keine verbindliche Regelung, es dürfte aber dem Sinn der gesetzlichen Vorschrift widersprechen, wenn bei einem negativem Gesamtergebnis Rücklagen ausgewiesen werden.

Wann und wie werden die Rücklagen gebildet?

Für die Bildung der Rücklagen gilt die allgemeine zweijährige Mittelverwendungsfrist, d.h. die Rücklage ist innerhalb der auf den Zufluss der Mittel folgenden zwei Kalenderjahre zu bilden.

Werden bei der freien Rücklage die Höchstbeträge in einem Jahr nicht ausgeschöpft, kann die unterbliebene Zuführung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden.

Zuständig für Beschluss über eine Rücklagenbildung ist die Mitgliederversammlung, soweit die Zuständigkeit nicht dem Vorstand oder einem anderen Organ des Vereins in der Satzung ausdrücklich zugewiesen wurde.

Wie werden Rücklagen wieder aufgelöst?

Rücklagen müssen unverzüglich aufgelöst werden, sobald der Grund für die Rücklagenbildung entfällt (gilt nicht für freie Rücklagen).

Die freiwerdenden Mittel müssen innerhalb der allgemeinen Mittelverwendungsfrist dann anderweitig zweckgebunden verwendet werden.

Wenn die Voraussetzungen vorliegen, können die Mittel auch einer anderen Rücklage wieder zugeführt werden.

Wie sieht ein Nachweis einer Rücklage gegenüber dem Finanzamt aus?

Gemeinnützige Vereine trifft mit der Rücklagenbildung eine gewisse Dokumentations- und Nachweispflicht. Der Beschluss der Mitgliederversammlung zur Bildung der Rücklage ist genau zu protokollieren.

Die Voraussetzungen für die Rücklagenbildung sind exakt darzulegen.

In der Rechnungslegung muss die Rücklage getrennt ausgewiesen werden, damit eine Kontrolle durch das Finanzamt jederzeit möglich ist.

Die in die Rücklage eingestellten Mittel sollten auf ein getrenntes Konto überwiesen werden.

 

BEISPIEL: FREIE RÜCKLAGE ZUM 31.12.2022

Stand der Rücklage am 01.01.2022: EUR 0,00

Zuführung 2022:

tabelle

Auflösung 2022: EUR 0,00

Stand der Rücklage am 31.12.2022: EUR 1.454,56

Fazit

  • Es gilt die allgemeine zweijährige Mittelverwendungsfrist, d.h. die Rücklage ist innerhalb der auf den Zufluss der Mittel folgenden zwei Kalenderjahre zu bilden.
  • Es gibt 4 Rücklagen-Arten:
  1. zweckgebundene Rücklage (für die realisierung eines größeren Projekts)
  2. Betriebsmittelrücklage (zur Absicherung von wiederkehrenden Ausgaben)
  3. Wiederbeschaffungsrücklage (zur Ersatzbeschaffung)
  4. freie Rücklage (ohne Grund, aber mit jährlichen Obergrenzen)


Melde dich hier für den Newsletter an!

Dein(e) Fördermodell(e)



Du erhältst ca. 2 mal im Monat eine E-Mail mit Informationen, Tipps & Terminerinnerungen für eine entspannte
Kita-Verwaltung.